Was ist eine Extremwertaufgabe?
Eine Extremwertaufgabe stellt die Frage, unter welchen Bedingungen etwas möglichst groß oder klein wird. Das kann zum Beispiel eine Fläche sein. Wie muss ich die Seitenlängen wählen, damit der Flächeninhalt eines Rechtecks möglichst groß wird? So wie bei dem Problem des Schafhirten, der seinen Schafen eine möglichst große Fläche zur Verfügung stellen will.
Warum nimmt er nicht einfach die ganze Wiese, dann hat er die größtmögliche Fläche? Weil es im Leben immer Einschränkungen gibt, die man berücksichtigen muss. Und die Einschränkung des Hirten ist, dass er nur eine Rolle mit 50 m Zaun zur Verfügung hat, und die reichen nicht für die ganze Wiese. Das sind die sogenannten Nebenbedingungen bei diesen Aufgaben. Der Hirte ist aber schlau und nutzt als natürliche Grenze einen Fluss, der an das Grundstück grenzt. Die Fragestellung lautet also:
Wie groß ist die größtmögliche rechteckige Fläche, die man mit 50 m Zaun abstecken kann, wenn man nur drei Seiten des Rechtecks mit Zaun bestücken muss?
Für Extremwertaufgaben gibt es einen klaren Lösungsplan, und wenn man den befolgt, kommt man mit den meisten Aufgaben ganz gut zurecht.
Schritt 1: Skizze und Variablen
Gerade bei geometrischen Aufgaben machen wir zuerst eine Skizze von der Situation. Sie hilft uns dabei, die Situation zu verstehen und eine Lösung zu entwickeln. Und mit der Skizze können wir auch gleich die wichtigen Größen mit Variablen benennen.
Wir nennen also die beiden Seiten des Rechtecks x und y. Und die Fläche des Rechtecks bezeichnen wir mit A.
Schritt 2: Hauptbedingung aufschreiben
Die Fläche des Rechtecks soll möglichst groß werden. Also schreiben wir zuerst eine Formel hin, wie man diese Fläche berechnet. Dafür benutzen wir die vorher festgelegten Variablen:
$$A = x \cdot y$$
Diese Formel heißt die Hauptbedingung, und sie ist tatsächlich oft sehr einfach, weil wir nur die Variablen benutzen, die wir vorher festgelegt haben.
Schritt 3: Nebenbedingung verwenden
Eine Nebenbedingung verhindert, dass die Lösung der Aufgabe beliebig groß wird. Hier ist es die Länge des Zauns. Der Hirte hat nur 50 m Zaun zur Verfügung. Diese benötigt er für zwei Seiten der Länge x und eine Seite der Länge y. Also gilt folgende Gleichung:
$$2x + y = 50$$
Mit der Nebenbedingung wird eine der Variablen x und y überflüssig. Wenn der Hirte eine der Variablen festlegt, ergibt sich die andere automatisch, zum Beispiel: Wenn er für die eine Seite x = 20 Meter gibt, bleiben für y noch 10 Meter.
Schritt 4: Nebenbedingung nach y umstellen
Wir haben eben gesehen: y ist von x abhängig, und das drücken wir aus, indem wir die Nebenbedingung nach y umstellen:
$$\begin{alignat}{4}
\Longleftrightarrow{} & 2x+y &&= 50 & \qquad\Big|\ -2x \nonumber \\
\Longleftrightarrow{} & y &&= 50-2x &\end{alignat}$$
Schritt 5: Wert von y in die Hauptbedingung einsetzen
Wir kommen wieder zu unserer Hauptbedingung $A = x \cdot y$. Wir haben gesehen, dass wir y mit Hilfe von x ausdrücken können und y damit überflüssig wird. Wir setzen den Wert von y in die Gleichung ein und erhalten:
$$A = x\cdot(50-2x)$$
Wir machen diese Gleichung noch ein bißchen hübsch, indem wir die Klammer auflösen:
$$A=50x-2x^2$$
Der Flächeninhalt ist jetzt nur noch von der Breite x abhängig. Damit können wir ihn als Funktion $A(x)$ schreiben mit der einzigen Variablen x:
$$A(x)=-2x^2+50x$$
Wir haben noch die Reihenfolge der Summanden vertauscht, um deutlich zu machen, dass wir eine quadratische Funktion vor uns haben. Ihr Graph ist eine nach unten geöffnete Parabel. Der höchste Punkt der Parabel ist ihr Scheitelpunkt.
Tipp: Beim Lesen mathematischer Texte, muss man aufpassen, wann man einen Abschnitt langsamer oder noch einmal (oder zweimal) lesen muss. Die Schritte 1 und 2 waren sehr einfach, und man könnte versucht sein, schnell weiter zu lesen. In Schritt 3-5 passiert aber auf einmal ganz viel, und zwar das Wichtigste der ganzen Aufgabe. Diesen Abschnitt gilt es nun nicht durchzulesen wie einen Roman, sondern Stück für Stück durchzuarbeiten, bis man alles verstanden hat. Erst dann sollte man weiter lesen.
Schritt 6: Zielfunktion und Definitionsbereich
Die Funktion $A(x)=-2x^2+50x$, die wir eben erarbeitet haben, heißt die Zielfunktion der Aufgabe. Rein von der Mathematik könnten wir jede beliebige Zahl für x einsetzen und würden immer einen Funktionswert A(x) erhalten. Die Sachaufgabe schränkt aber ein, welche Werte von x überhaupt Sinn ergeben. Beides sind Seitenlängen eines Rechtecks, also muss gelten:
$$x\ge 0\text{ und }y\ge 0$$
In Schritt 4 haben wir y schon mit Hilfe von x als $y=50-2x$ dargestellt. Also gilt:
$$\begin{alignat}{4}
& y &&\ge 0 \\
\Longleftrightarrow{} & 50-2x &&\ge 0 & \qquad\Big|\ -50 \nonumber \\
\Longleftrightarrow{} & -2x &&\ge -50 & \qquad\Big|\ :(-2) \nonumber \\
\Longleftrightarrow{} & x &&\le 25 & \nonumber \end{alignat} $$
Denke daran, dass sich bei der Division durch eine negative Zahl das Ungleichheitszeichen umdreht.
Wir haben herausgefunden, dass der Wert für x im Sinne der Sachaufgabe zwischen 0 und 25 liegen darf. Das können wir als Definitionsmenge notieren. Beide Schreibweisen bedeuten das gleiche:
$$D=\{\ x\ |\ 0\le x\le 25\ \}\text{ oder auch } D=\{\ x\ |\ x\in [0;25]\ \}$$
Warum ist die Definitionsmenge wichtig? Wir suchen im nächsten Schritt dasjenige x, welches den größten Flächeninhalt $A(x)$ liefert. Dazu werden wir die Ableitung benutzen. Wir müssen aber sicherstellen, dass dieses x dann auch ein gültiger Wert für die Aufgabe ist. Das besprechen wir gleich genauer.